Feuerwehr-Zeitschriften aus Innsbruck und Umgebung
Jg.100_
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Gesamter Text dieser Seite:
Wohltätig ist des Feuers Macht,
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht;
Und was er bildet, was er schafft,
Verdankt er dieser Himmelskraft.
Doch furchtbar wird die Himmelskraft,
Wenn sie der Fessel sich entrafft,
Einhertritt auf der eignen Spur,
Die freie Tochter der Natur.
In seinem herrlichen „Lied von der Glocke“ hat Friedrich Schiller die Doppelnatur
des Feuers, seine schöpferische, aufbauende und seine zerstörende, vernichtende, in klas‐
sischen Versen gekennzeichnet. Beide Eigenschaften bestimmen schicksalhaft das mensch‐
liche Leben; gegen die dämonische Gewalt des entfesselten Elementes kämpft der Mensch
aller Zeiten und Zonen seit Urbeginn.
Schon die Völker des Altertums, Ägypter, Phönizier, kannten primitive Feuer‐
bekämpfungsarten. Pirol, seit dem Jahre 15 v. Chr. als Teil der Provinz Räticn dem
römischen Weltreich angehörend, übernahm von den Legionen die ursprünglichen Lösch‐
geräte, kleine tragbare Druckpumpen, Leitern, Feuerhaken, lederne Wassereimer, mit
denen das von Kaiser Augustus zu Beginn unserer Zeitrechnung aufgestellte militärische
Feuerwehrkorps ausgestattet war.
In den Stürmen der Völkerwanderung gerieten diese ersten Methoden der Brand‐
bekämpfung in Vergessenheit; die folgenden Jahrhunderte des Mittelalters erforderten
zum Schutz der gefährdeten Siedlungen wirksamere Einrichtungen und in gemeinsamer
Not und Gefahr die gemeinsame Mithilfe der Obrigkeit und der gesamten Einwohner‐
schaft. Denn die zumeist aus Fiolz erbauten, mit Schindeln gedeckten Häuser in engen
Gassen ohne ausreichende Wasserzufuhr waren ausbrechenden Bränden besonders aus‐
gesetzt. Daher berichten mittelalterliche Chroniken von verheerenden Feuerkatastro‐
phen, denen viele Städte ganz oder teilweise, oft wiederholt, zum Opfer fielen.
Auch unsere Landeshauptstadt Innsbruck teilte dieses Schicksal. Über Brände
in ältester Zeit liegen nur spärliche Nachrichten vor, denn die Rait- und Rechnungs‐
bücher der Stadt und die Ratsprotokolle geben erst seit dem 16. Jahrhundert nähere Aus‐
kunft über die Geschehnisse im Stadtbereich. Daher entnehmen wir die folgenden Daten
zumeist der verdienstvollen Zusammenstellung, die der Innsbrucker Arzt Dr. Franz
Waldner im Jahre 1882 der Festschrift beifügte, die damals anläßlich des 25jährigen
Bestandsjubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck erschienen ist.
Der älteste uns bekannte Unglückstag war der 5. April 1292, an dem fast die ganze
damalige Stadt niederbrannte. Wenige Jahrzehnte später, am 13. September 1340,
brachte ein Riesenbrand die Pfarrkirche und die Befestigungstürme zum Einsturz, wobei
60 Menschen den Flamme.ltod fanden. Zehn Jahre vorher, 1330, waren alle Häuser
des linken Innufers eingeäschert worden. Am 17. März 1390 vernichtete das Feuer
wiederum den Kern der Innenstadt, im Mai 1432 sanken Kirche und Kloster Wilten in
Schutt und Asche.
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Feuerbekämpfung im alten Innsbruck
Solche Katastrophen und die Gefahr ihrer Wiederholung zwangen die Regierung
zu möglichst ausreichenden Abwehrmaßnahmen. Schon nach dem Brand von 1292 ließ
Graf Meinhard einen Arm der Sill in die Stadt leiten, die in mehreren Ritschen, offenen
Kanälen, die Gassen durchfloß und das feuerfeindliche Element in die Nähe der Fläu-
ser brachte.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erließ der damalige Tiroler Landesfürst Herzog
Sigmund eine ausführliche Feuerlöschordnung für die Städte Innsbruck, Bozen, Meran.
Diese Mandate zur Regelung der Feuerbekämpfung wurden von den späteren Regenten
Kaiser Maximilian I., Erzherzog Ferdinand II., Erzherzog Maximilian dem Deutsch‐
meister, Erzherzog Leopold V., Erzherzogin Claudia den Zeitumständen entsprechend
erneuert und ergänzt.
In erster Linie galt es, dem Ausbruch eines Schadenfeuers möglichst
vorzubeugen. Daher war bei der Benützung offenen Lichtes in Küchen, Ställen und
Scheunen größte Vorsicht geboten, auch auf den Straßen und Gassen, die damals keine
öffentliche Beleuchtung trugen, so daß die Passanten zu nächtlicher Zeit mit Laternen
und Windlichtern versehen sein mußten, galten zur Nachtzeit strengste Vorschriften.
War ein Brand ausgebrochen, so mußte die Stadt so schnell wie möglich alar‐
miert werden. Der Turmwächter auf dem Stadtturm war verpflichtet, die ganze Nacht
hindurch abwechselnd mit Turmknechten Feuerwache zu halten. Hatte er verdächtigen
Rauch oder Feuerschein bemerkt, so schrie er vom Turm in die Tiefe sein unheimliches
„Feurio!“, die Feuerglocke durfte er erst nach eingeholter Erlaubnis vom Bürgermeister
anschlagen.
Inzwischen hatten sich Bürger und Inwohner bereits zur Bekämpfung des Brandes
eingefunden. Jedem von ihnen war eine besondere Aufgabe zugewiesen. Die für jeden
Stadtteil bestimmten Viertelmeister öffneten die in der Nähe des Rathauses befindlichen
Magazine, aus denen die Löschmannschaften Geräte, Leitern, Mauerhaken, Wasserkübel,
zum Brandplatz schleppten und dort nach den Anordnungen eines von der Stadt‐
gemeinde aufgestellten Kommandanten die Löscharbeiten begannen.
„Durch der Hände lange Kette um die Wette fliegt der Eimer“, aus den Ritschen
mit Wasser gefüllt, das in hohem Bogen in die Flammen rauschte. Feuerspritzen kamen
erst im 17. Jahrhundert auf, bis dahin blieb die Feuerbekämpfung recht primitiv. Das
Weitergreifen des Brandes war oft nur durch Einreißen der angrenzenden Gebäude zu
verhindern.
Eine eigene Bürgerpolizei im Harnisch drängte die neugierige Menge zurück und
bewachte die Tore, um Unfug und Diebstahl zu verhüten. Um die Gassen für die Lösch‐
aktion frei zu machen, mußten beladene Fuhrwerke, die oft yor,den Gasthäusern stan‐
den, abgeschleppt werden; die Pferde hiezu stellte der Gasthof „Roter Adler“.
’ Vor dem Rathaus überwachte der Bürgermeister mit dem ehrsamen Rat der Stadt
das Lösch- und Rettungswerk. Die geborgenen Einrichtungsgegenstände fanden vor‐
läufig im Rathaushof Unterstand; schwerste Strafen drohten jenen, die sich am Eigen‐
tum der Abbrändler vergriffen, aber auch Bürger, die sich ihrer Pflicht, zu helfen, ent‐
zogen, blieben nicht ungeahndet.
Streng wurden die Vorkehrungen zur Brandverhütung gehandhabt. Zur
Bekämpfung der „schrödklichen leuff des feurs“ mußte um 1563 die Bürger- und Inwoh‐
nerschaft im Verein mit den ständigen Nachtwächtern jede Nacht an der „Innbruggen“
vier, in der Innenstadt, Vorstadt (Maria-Theresien-Straße) und in der Silbergassc (Uni-
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