Feuerwehr-Zeitschriften aus Innsbruck und Umgebung

Jg.100_

- S.11

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Diese Ausgabe – 100_jahre_feuerwehr
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meistens am 25. Oktober 1828 m Innsbruck geboren, erlernte I ran/. Thurner das väter‐
liche Gewerbe und durchzog als Wanderbursche 1845 und 1846 ganz Deutschland. Dem
aufgeweckten, kraftvoll gebauten jungen Tiroler fiel das aufblühende Turnwesen im
Reich ebenso auf wie das um jene Zeit sich entwickelnde moderne Feuerlöschverfahren.
1846 in die Heimat zurückgekehrt, führte Thurner als Meister die Seilerei seines
Vaters, übte sich aber in seiner Freizeit so eifrig und erfolgreich in der Turnkunst, daß
er die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich lenkte und im November 1855 vom Prä‐
sidium des Tiroler Landtages zum akademischen Turnlehrer ernannt wurde, so daß er
sein Handwerk aufgeben und fortan das Turnen als Hauptberuf ausüben und lehren
konnte.
Doch Franz Thurners Tatwille begnügte sich nicht mit der Turnkunst, er strebte
danach, auch die Brandbekämpfung in seiner Vaterstadt neuzeitlich auszugestal‐
ten. Diesem Zweck diente hauptsächlich seine zweite Deutschlandreise, die ihn im Jahre
1856 nach München, Ulm, Stuttgart, Frankfurt a. M., Mainz, Karlsruhe, Mannheim
und Straßburg führte. In allen diesen Städten beobachtete und studierte Thurner die
neuen Einrichtungen des Feuerlöschwesens und trat, in dem Bestreben, auch das Prak‐
tische zu erlernen, selbst in die Reihen der freiwilligen Wehrmänner.
In einem ausführlichen Brief an einen seiner Innsbrucker Freunde schilderte Franz
1 hurner seine Erlebnisse bei einer Feuerwehrübung in Stuttgart, die er — zum ersten‐
mal — als Steiger mitmachte. Er schreibt u. a.: „So kam ich auf der Hakenleiter wohl‐
behalten im dritten Stock an, hätte gerne gerastet, doch noch war ich nicht am Ziele.
Plinaus auf den Mauerbock, die linke Hand an der Leiter, die rechte frei — frei zwischen
Himmel und Erde, ein schmales Brettchen trug mein junges, mir so liebes Leben —;
einen Moment, ich gestehe es, erbebte ich. In diesem Moment verfluchte ich, etwas be‐
gonnen zu haben, was das Leben sosehr gefährdet, in diesem Moment verwünschte ich
alle Feuerwehren der Welt. — Ich sagte einen Moment, es war nicht mehr, denn schon
setzte mein nachsteigender Hintermann Nr. 4 das Knie aufs Fensterbrett, und ein kräf‐
tiges ,Vorwärts!“ sagte mir, daß ich noch nicht am Ziele sei. Dieses .Vorwärts!“ vergesse
ich in meinem Leben nie — für alle Zeiten und Fälle, die ich bis jetzt erlebt, tönte mir
immer, wo Zweifel waren, das Stuttgarter .Vorwärts!“ in die Ohren, und deswegen
kam ich nie zum Rückgang.“
In Mainz traf Thurner eine bezahlte Berufsfeuerwehr, machte mit ihr eine Nacht‐
übung mit und eignete sich dabei viel Praktisches für seine künftige Wirksamkeit an.
In Mainz bestellte er kurz entschlossen auf eigenes Risiko für Innsbruck mehrere damals
neue Geräte, drei Hakenleitern, einen Mauerbock mit Leiter, zwei Dachleitern, eine
Steckleiter, Rettungsschlauch, Sprungtuch u. a. m.
Auf seiner Heimfahrt hörte er in Zürich, daß zwei Innsbrucker, die Flerren Graf
Künigl und Statthaltereirat von Strele, erst kürzlich bei einem Hotelbrand nur durch
die Energie des Feuerwehrkommandanten aus dem vierten Stock hätten gerettet wer‐
den können.
Dieser Vorfall erhöhte das Interesse des Innsbrucker Bürgermeisters an Franz
Thurner, der nach seiner Rückkehr eingehend über seine Erlebnisse und Erfahrungen
berichten mußte. Wenn auch das Stadtoberhaupt zunächst über „Voreiligkeit und Eigen‐
mächtigkeit.“ Thurners bei der Gerätebestellung in Mainz brummte, so beschloß der
Bürgerausschuß schließlich doch in der Überzeugung von der Notwendigkeit eines aus‐
reichenden Feuerschutzes die Anschaffung und Bezahlung der Geräte.
Nun schritt Franz Thurner Ende September 1856 unverzüglich an die Verwirk‐
lichung seiner Idee, eine Freiwillige Feuerwehr für Innsbruck zu gründen. Bald gelang
es ihm, aus Turner- und Bürgerkreisen 18 Männer für seinen Plan zu gewinnen. Fof-
gende Innsbrucker bildeten als Mitbegründer
18
die erste Freiwillige Feuerwehr Innsbrucks:
Karl Adam, Kaufmann,
Josef Daum, Gymnasialprofessor,
Franz Johann Anton Greil, Schneidermeister (Vater des um Inns‐
bruck hochverdienten Ehrenbürgermeisters Wilhelm Greil),
Johann Gürtler, Schmied,
Josef H a g s p i e 1, Gürtlermeister,
Josef Höfel, Goldarbeiter,
Josef Hueber, Handlungskommis,
Andrä K r a 1 i n g e r, Zimmermann,
Alois Mages, Handschuhfabrikant,
Ferdinand Metz, Staatsbuchhaltungs-Akzessist,
Rudolf Rhomberg, Fabrikdirektor,
Johann Riegl, Wildbrethändler,
Anton S c h i e s 11, Schneidermeister,
Franz S c h i e s 11, Schlossermeister,
Alois S p i e 1 m a n n, Kaminfeger,
Johann Todtenmoser, Zimmermann,
Wilhelm Walde, Seifensieder,
Johann Wey rer, Tuchmacher.
Österreichs erste Freiwillige Feuerwehr wurde 1851 in Reichstadt in Böhmen ge‐
gründet, es folgte 1856 die von Böhmisch-Kamnitz und im gleichen Jahr als dritte
Feuerwehr im damaligen österreichischen Staatsverband Franz Thurners Gründung.
Damit ist
Innsbrucks Freiw. Feuerwehr die erste und älteste Tirols
und der österreichischen Alpenländer.
Wie man sieht, haben sich einsatzbereite Innsbrucker aus allen Kreisen, vom Ka‐
minfeger und Kommis bis zum Fabrikdirektor und Gymnasialprofessor, zu gemein‐
nützigem Zweck Franz Thurner unterstellt. Freilich, im Anfang ging’s nicht ohne
Schwierigkeiten, die ehrsamen Bürger und selbständigen Gewerbetreibenden hielten bei
aller Bereitwilligkeit das eigene Handanlegen unter ihrer Würde. Thurner erzählt
davon ergötzlich einem Freund:
„Siehst Du, lieber Freund, was heute selbstverständlich erscheint, an dem wäre das
Ganze dazumal bald in Stücke gegangen. Wie ich meinen Steigern kundtat, daß es unsere
Aufgabe sei, den Transport der Geräte selbst zu besorgen, da hättest Du hören sollen,
wie das losging: ,Wir wollen Feuerwehrleute sein, aber keine Karrenzieher; lieber tre‐
ten wir gleich aus!“ u. dgl. Ich beschwichtigte, so gut es ging, blieb aber dabei.
Es kam Sonntag, wir sammelten uns wie gewöhnlich am Spritzenmagazin, dort
stand der Gerätekarren. Lange Gesichter! Ich kommandierte: Antreten! Der Zug ord‐
nete sich freiwillig an dem Karren; ich täuschte mich nicht, ini Ntfstand Rhomberg an
meiner Seite, Herr Adam und Professor Daum legten die Hände an zum Schieben.
Kommando: Links um, vorwärts! Und so ging’s am hellen Sonntagsmorgen dahin, wir
frisch voraus, die Schreier belehrt und beschämt hinterher.
Es wäre jedoch unrichtig zu glauben, daß alle andern sich geweigert hätten, an den
Karren zu gehen, weit entfernt, es waren nur einige, aber in einem solchen Falle ist einer
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