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Jg.Biog

- S.5

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das Ziel und Augenmerk seiner Reise; er benügte, wie
sein mit größter Genauigkeit und Ausführlichkeit geschrie-
benes Tagebuch beweist, seine Wanderjahre auch, um Welt,
Leben und Menschen kennen zu lernen und versäumte nir-
gends fich alle Merkwürdigkeiten in Stadt und Land zu
besehen und dieselben durch ausführliche Beschreibungen
im Tagebuche seinem Gedächtnisse zu erhalten.

So zog ‘unser Handwerksbursche, dort und da auf
längere oder fürzere Zeit Arbeit nehmend, über München,
Regensburg, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Nymwegen und
Rotterdam nach Amsterdam und kehrte über Bremen, Ham-
burg, Schwerin, Stettin, Königsberg, Leipzig und Dres-
den, Prag, Wien, Budapest und Graz am Ende des Jahres
1846 in feine Heimat zuräd, um als Meister das Seiler-
geschäft feines Vaters zu übernehmen. Das führte er
denn auch bis zum Jahre 1855 fort, wo sich ihm plößlich
eine neue Laufbahn öffnete, zu der er si ganz aus per-
sönlicher Neigung und lebhastem Juteresse bereits auf
seiner Wanderschaft vorbereitet und qualifiziert hatte, und
die fortan fein Lebensberuf werden sollte.

Unser Seilermeister wurde nämlich vom Präsidium
des Tiroler Landtages im [November 1855 zum Amte
eines akademischen Turnlehrers berufen. Das Turnwejen
war um die Mitte der Vierziger Jahre in Jnnsbru> der Ju-
gend befannt und lieb geworden, worum sich insbefondere der
Univ.-Professor Hieronymus Scari und der über dessen
Anregung berufene Turnlehrer Lerth aus Wien ver-
dient gemacht haben.

Üngefähr um dieselbe Zeit hatte unser Hand-
werfsburfche Franz Thurner auf feinen Wanderungen
durch die deutschen Städte bereits allenthalben ein reges
Turnerfeben vorgefunden und, durch seinen eigenen her-
fufifchen Körperbau hiezu wie prädestiniert, vielleicht auch
durch feinen Namen (nomen — omen) zum Turnen fi
berufen fühlend, und bereits früher, wenngleich nicht
systematish, körperlich wohlgeübt, dazu vortrefflicher
Schwimmer, hatte er mit regstem Juteresse die Einrich-
tung und die Ziele dieser Übungen in den dortigen
Anstalten und Vereinen verfolgt. "

Zurückgekehrt nah Junsbru> versammelte er alsbald
einen Kreis von Handwerks8- und Gesinnungsgenossen

ts)

um si, ein ‚Lokale wurde ausgemittelt, Gerätschaften.
wurden angeschafst, einshlägige Schriften wurden jtu-
diert und solchergestalt fris<, fromm, fröhlich, frei ein
zwar nicht behördlih genehmigter, aber durchaus harm-
loser Turnerbund, völlig unabhängig von der gymnasti-
schen Schule Lerth"s, gestiftet. Nah des Tages Mühe
und Arbeit versammelten fich die wackeren Gesellen int
ihrem Turnlokale und oblagen wetteifernd und mit
Leidenschaft dem neuen fröhlichen Exerzitium. Das
Haupt und die Seele dieser Verbindung war unfer
Thurner, der damit in der jugendlichen Bürgerschaft
der Stadt ein Ansehen und ein Vertrauen gewann,
das er bald auch zu anderen löblichen Zwecken aus-
nüßen sollte. Es bleibt aber das durchaus selbständige
Verdienst Thurners, zuerst in Junsbruck und wohl auch
in Tirol die edle Turnerei im Volke selbst eingebürgert
und zur Pflege gebracht zu haben. | |
Mittlerweile war endlich in Österreich die Turnercei
auch offiziell zur Anerkennung gekommen; die lächerliche
Demagogenriecherei, welche, noch eine Nachwirkung des
Sand"schen Attentats auf Koßebue, in Deutschland hinter
jeder Turnanstalt einen Herd revolutionärer Umtriebe
gewittert und den waeren Vater Jahn fogar in die
Festung gebracht, hatte vernünftigeren Anschauungen
Plaz gemacht. Jn Tirol war sogar der fonst fo ängst-
liche Landesgouverneur Graf Brandis mit gutem Vei-
spiele vorangegangen und hatte selbst seine Söhne an
den Turnübungen teilnehmen lassen. So war es ge-
kommen, daß bereits 1847, also noch vor dem Jahre
des Heils die tirolish-ständische Aktivität einen prov.
Lehrer der „Gymnastik und Schwimmkunst“ in der
Person des Pionnier-Korporalen Joh. Dobrovich berief
und ihn dem Universitäts-Rektorate unterstellte. Nach
dem Tode Dobrovichs, der gleichfalls wie jeder echte
Turner ein wa>erer Mann war (Ehre auch seinem An-
denken) im Fahre 1855 fiel, wie bereits bemerkt, das
Augenmerk auf unseren Thurner, der fich bereits bei
dem Ernst und der Gründlichkeit, womit ex alles,
was er begann, anfaßte und fortbetrieb, theoretis praktisch für den Unterricht ausgebildet hatte, und er
wurde jonach vom ständishen Präsidium des Tiroler