Feuerwehr-Zeitschriften aus Innsbruck und Umgebung
Jg.1892
- S.3
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Einleitung und Bericht.
Das 35. Vereinsjahr geht zu Ende, ohne den großen Festesjubel gehört, die Wünsche
und Hoffnungen so Vieler erfüllt und ohne die reiche Aussaat glücklich zur Ernte gebracht
zu haben.
Wahrlich es war ein Jahr der Arbeit. — Sollte doch in demselben das 35jährige Jubel‐
fest unserer, der ältesten Feuerwehr Oesterreichs, und des 20jährigen Bestandes des tirolischen
Gauverbandes abgehalten werden.
Mit anerkennens= ja lobenswerther Ausdauer übte sich die Feuerwehr in ihrem Berufe,
mit emsiger Thätigkeit waren die verschiedenen Festausschüsse ihren Obliegenheiten nachgekommen,
tausende von Einladungen wurden hinaus in die Welt gesandt, um die Kameraden herbei‐
zurufen, damit sie mit uns eine neue Verbrüderung feiern und das Band der Einigkeit fester
knüpfen helfen — und wohlgerüstet konnten wir den Tagen des Festes entgegenschauen — im
ganzen Lande rüsteten sich die Feuerwehren, um in starker Zahl, viele mit Musik, hieher zu
kommen, in den Nachbarländern, insbesondere in Bayern und Vorarlberg, aber auch weit hinaus
bis ins Schwaben, in Deutschböhmen und Oesterreich gab sich das regste Interesse kund und
wäre die Theilnahme veraussichtlich eine große gewesen, nur wenige Wochen noch trennten uns
vom Feste, die Hauptvorarbeit war gethan, die Vorbereitungen getroffen.
Da kamen die Nachrichten über die Verheerungen, welche der schwarze Tod in Hamburg
anrichtet und die damit verbundenen Vorsichtsmaßnahmen der Behörden und der Wunsch
maßgebender Persönlichkeiten veranlaßte die Kommandantschaft, das Fest auf unbestimmte Zeit
zu verschieben.
Wir können uns hiebei im Hinblick auf die gebrachten Opfer, die uns ja voraussichtlich
Niemand ersetzt — und wir haben kein Geld zum Hinauswerfen — einer gewissen Bitterkeit
nicht erwehren, wenn wir bedenken, daß z. B. in München das Oktoberfest, welches ein Zusammen‐
strömen viel größerer Menschenmassen im Gefolge hat, abgehalten wurde, ohne daß man
berechtiget ist, der dortigen Behörde Vernachlässigung der pflichtgemäßen Obsorge vorzuwerfen;
— es ist erklärlich, wenn mancher denkt, daß das wohl übertriebene Vorsorge war, ein solches
Damokles=Schwert über das Fest zu hängen. Der Festausschuß, die Kommandantschaft konnten
nicht anders handeln, als sie gethan haben, denn unter der Voraussetzung, daß, wenn in
Oesterreich auch nur ein einziger Cholerafall vorkomme, was ja in Galizien stündlich zu erwarten
war, das Fest verboten werde, auf diese Gefahr hin die Leute von Nah und Fern herbeikommen
und unverrichteter Weise wieder gehen lassen zu müssen, das hieß die Frage so auf die Schneide
stellen, daß darauf nur eine Antwort war: Wir verzichten!
Doch darum Kameraden, den Muth nicht verlieren. Ein anderer Grund als dieser, war
nicht vorhanden, und „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, gelernt haben wir fleißig in diesem
Jahre und die Früchte dieser Arbeit können nicht ausbleiben, nur fest zusammenhalten und den
kameradschaftlichen Geist nicht erlahmen lassen, dann können wir mit Ruhe der Zeit entgegen‐
sehen, wo wir ein Jubelfest ohne Mißton, voll und ganz, brüderlich vereint, feiern können.
Und nun sehen wir, was weiter in diesem Jahre vorgekommen.
Die Geschäfte wurden in einer ordentlichen und einer außerordentlichen Hauptversammlung,
in 6 erweiterten, 12 Kommandantschafts= und 5 Geräthemeister=Sitzungen erlediget, zudem haben
2 Zugsversammlungen (III. und IV. Zug) zur Wahl ihrer Führer stattgefunden.
3. Jänner Christbaumfeier in den Stadtsälen mit Musik.
17. Jänner Brand in Völs 4 Uhr früh und Betheiligung der Landfahrspritze.
In der Generalversammlung am 15. Februar erstattete der Oberkommandant Victor
Baron Graff Bericht über das abgelaufene Jahr, begrüßte den anwesenden Herrn Bürgermeister
Dr. Heinrich Falk, der den Dank im Namen der Gemeindevertretung abstattete, und die Diplome
an folgende Kameraden vertheilte: Franz Kerber (Führer des II. Zuges), Johann Hoppichler
(Schlauchobmann), Alois Benatti (Schlauchmann) und Alois Nagl für 20jährige, Jakob Norer
(Steigerführer), Anton Schmid (Spritzenkommandant), Joh. Mutter (Signalist), Gebhard
Dollinger (Rohrführer), Alois Hupfau (Rohrführer), Franz Mair (Ordnungsmann), Friedrich
Kämmerer (Spritzenmann), Joh. Farbmacher (Spritzenmann), Jos. Georg Mitterhofer (Spritzen‐
kommandant) und Eduard Schmid (Schlauchmann) für 10jährige Dienstzeit.
Statt des abgetretenen kranken Regiekassekassiers Herrn Anton Nußbaumer wird Herr
Hanns Schwaighofer gewählt und ersterem der Dank und die Anerkennung für seine Mühe‐
waltuna ausgesprochen. Zum Schlusse werden die Kommandantschaftsmitglieder Oberkommandar
3. August. Nachdem Herr A. Epp die neuerliche auf ihn gefallene Wahl als Zugsführer
des III. Zuges nicht anzunehmen erklärte, wurde der Steiger=Rottenführer Georg Dietrich zum
Zugsführer gewählt.
26. August. Gesammtübung aller 4 Züge.
30. August. Annahme des Antrages auf Verschiebung des 35jährigen Stiftungsfestes
wegen Choleragefahr.
10. September. Sitzung des österreichischen Feuerwehr=Ausschusses im Magistratsgebäude,
zu welcher Abgeordnete aus Krain, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Böhmen erschienen sind.
Der um das Feuerwehrwesen in Oesterreich hochverdiente Herr Czermak, Fabrikant in
Teplitz, eröffnete als Vorsitzender des österreichischen Feuerwehr=Ausschusses die Sitzung, begrüßte
die Versammlung und theilte die Gegenstände der Verhandlung mit. Der Oberkommandant
der Innsbrucker Feuerwehr, Herr Baron Graff, begrüßte den Feuerwehr=Ausschuß im Namen
der Innsbrucker Feuerwehr, der Vicebürgermeister, Herr Wilh. Greil, im Namen der Stadt und
der Obmann des tirolischen Gauverbandes Herr Alois Epp sprach seinen Willkommgruß im
Namen der deutschtirolischen Feuerwehren. Unter den Verhandlungsgegenständen nahm die
Uniformirungsfrage und die Distinktionsabzeichen die größte Zeit in Anspruch, wurde aber
glücklich gelöst. Der Ausschuß beschloß ferner, die Feuerwehrmannschaften in Kriegsfällen bei
Krankentransporten zu verwenden und sind hierüber die näheren Weisungen bereits ertheilt
worden. Eine Vorlage hinsichtlich der Versicherung der Feuerwehrleute auf den Todesfall wird
in der nächsten Sitzung eingehend berathen. Hinsichtlich der Gleichberechtigung der Feuerwehr‐
chargen mit in der Ausübung des Dienstes begriffenen obrigkeitlichen Personen wurde seinerzeit
die Anregung gegeben und wird bei der nächsten Reichsvertretung als eine in das Strafgesetz
aufzunehmende Bestimmung eingebracht werden.
Zu Ehren dieses Ausschusses fand Abends in den Casinolokalitäten eine Festkneipe statt,
zu welcher nebst den fremden Gästen die Ehrenmitglieder der Feuerwehr geladen wurden. Die
Mitglieder erschienen sehr zahlreich. Den ersten Trinkspruch brachte der Oberkommandant
Herr Baron Graff auf den österreichischen Feuerwehr=Ausschuß aus. Er dankte für die Ehre
Besuches und gab mit einem Rückblick auf die Gründung der Feuerwehr durch den akade‐
mischen Turnlehrer Herrn Franz Thurner und die Entwicklung derselben bis zur Gegenwart,
die Versicherung, daß die Innsbrucker stets treu zur Feuerwehrsache halten werden.
Der Vorsitzende des österreichischen Feuerwehr=Ausschusses, Herr Czermak, stürmisch begrüßt,
beglückwünschte in trefflicher Rede die Innsbrucker Feuerwehr zu ihrem 35jährigen Bestande.
Sie sei nach vorliegenden Akten zweifellos die älteste Feuerwehr Oesterreichs und habe sich von
jeher durch ihre Leistung und wackere Haltung ausgezeichnet. Aber auch der tirolische Gau‐
verband stehe mit seinem tüchtigen, geschäftsgewandten Vorstand Herrn Alois Epp im Vorder‐
grunde des österreichischen Feuerwehrwesens. Sein Trinkspruch galt der Innsbrucker Feuer‐
wehr und dem Gauverbande.
Herr Alois Epp gab die Gründe an, weiche den Festausschuß zur Unterlassung der pro‐
jektirten Fei rlichkeiten veranlaßten und bedauerte, daß durch des Geschickes Mächte die Anwesenheit
so vieler Kameraden unterbleiben mußte. Er betonte die Nützlichkeit und Nothwendigkeit der
Feuerwehren, pries ihre selbstlose Thätigkeit und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Geist
der echten und wahren Humanität, der Geist reinster und hehrster Menschenliebe, dem die Feuer‐
wehr ihre Cutstehung verdankt, fortleben möge.
Im zweiten Theile seiner Rede feiert er Herrn Czermak als Menschenfreund, der auch
zur Stunde der höchsten Noth, als Tirol im Jahre 1882 durch ein anderes gefräßiges Element
unsäglich trübe Stunden erlitt, seinen Edelsinn durch thatkräftige Hilfe und Zuführung materieller
Unterstützungen bethätigte. Damals habe es der Gauverband als eine Ehrenpflicht betrachtet,
Herrn Czermak zum Ehrenmitgliede zu ernennen. Namens der Mitglieder, die im vorigen
Jahre das Teplitzer Fest besuchten, überreichte Herr Epp in dankbarer Erinnerung an die
überaus gastliche Aufnahme im Hause des Herrn Czermak ein großes photographisches Bild von
Innsbruck in schönem Rahmen, worauf Herr Czermak, sichtlich bewegt, den tiefgefühltesten Dank
ausdrückte.
Herr Jörg gedachte des anwesenden Gründers Hans Riegl, Herr Hinterhuber aus Salz‐
burg brachte einen Toast aus auf das deutsche Feuerwehrweib.
11. September war große Uebung vor den Mitgliedern des österreichischen Feuerwehr‐
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